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brief an r.

 
Ich habe heute wieder geweint, ein paar Tränen nur, das 2. Mal seit September. Aber auch nur ein paar Tränen tun gut, sie rücken die Dinge zurecht, zeigen die Prioritäten auf - und die Unwichtigkeiten des Lebens.

03.01.2017 - die Jahreszahl, die du leider nicht mehr erlebst. Aber was bedeutet schon die Zeit.

Mein lieber Roland,

es ist mir noch nie so schwer gefallen meine Gedanken und Emotionen zu formulieren.
Vor 5 Monaten hast du mich verlassen, aber auch wieder nicht, ich habe ständig das Gefühl du würdest jeden Moment einfach wieder nach Hause kommen, einfach so, so wie immer eben.

Und immer wieder habe ich das Gefühl, ein sehr starkes Gefühl, dass du irgendwie um mich herum bist. Deswegen kann ich so schlecht trauern. Ich fühle mich oft gar nicht so einsam wie ich es sollte (?!). Ich bin einfach nur traurig.

Es ist eigenartig manchmal bin ich richtig euphorisch, das sind die Momente wo ich glaube dich zu spüren. Ich denke nämlich, dass wir nicht wirklich getrennt sind. Eine Trennung würde auch gar nicht funktionieren, sonst wäre ich ja nicht mehr "hier".
Denn wir beide waren immer ein Team, DAS TEAM. Wie Yin und Yang - ging es mir schlecht, ging es dir gut und umgekehrt. Wie 2 Zahnräder, die ineinander greifen und alles antreiben.

Selbst nach so vielen Jahren, auch dann wenn wir uns dazwischen verändert haben - und das muss auch so sein - waren wir am Ende, ja gerade am Ende, DAS TEAM. Und einander in großer Liebe zugetan.
Und ich denke, wir sind es immer noch.

Ich bin traurig, und du fehlst mir. Das ist ein Paradoxon, aber so geht es mir oft seit du gegangen bist.

Wir haben gemeinsam sehr, sehr viele Höhen und Tiefen erlebt, durchlebt. Du warst immer der Starke im Team, ich habe mich oft zurück genommen, aber es hat funktioniert, fast 30 Jahre lang. Jetzt muss ich das alleine machen und jetzt bin ich stark, aber ich denke du hast mir einfach den Vortritt gelassen damit ich mich beweisen kann. Das konnte ich nicht so lange du hier warst. Du hast deine Aufgaben, deinen Lebensplan erfüllt, jetzt bin ich an der Reihe.

Mein "altes, ursprüngliches" Ich kommt zurück, das Ich, das du anfangs kennen und lieben gelernt hast.
Es ist so, als ob eine Wolke am Nachthimmel den Mond wieder freigibt. Die Wolke zieht weiter, der Mond wird sichtbar, die Wolke ist aber nicht weg, nur anders formiert. Du bist die Wolke, ich der Mond, beides existiert weiter.

Ich ziehe jetzt alles alleine durch, wohl mit deiner Unterstützung im Hintergrund. Ich denke oft, dass ich jetzt so bin wie du mich immer haben wolltest, aber mich nicht sein lassen konntest. Und dass du jetzt stolz auf mich bist. Ich mache alles weiter in unserem gemeinsamen Sinn, so wie ich es dir am Sterbebett versprochen habe. Aber ich achte auch mehr auf mich, auch so wie du es immer gefordert hast.

Wir werden wohl immer DAS TEAM bleiben, ein liebendes. Nicht mal ein Sandsturm im Getriebe wird uns auseinander bringen.

In Liebe, tausend Küsse

deine U. 






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